Zum Hauptinhalt springen
Logo Kulturgut Bergtrotte Osterfingen

Wein in Schaffhausen

Der Wein hat seit Jahr­hun­der­ten eine wich­tige Bedeu­tung für Schaff­hau­sen. Er prägt die Land­schaft und das kultu­relle Leben.

Weinbau in Schaff­hau­sen

Seit dem 12. Jahr­hun­dert wird in Schaff­hau­sen Wein ange­baut und gekel­tert. Die Schaff­hau­ser Wein­kul­tur ist sogar UNESCO Welt­kul­tur­erbe.

Grütter, D. (Juni 2018).
Lebendige Traditionen: Schaffhauser Weinkultur. Bundesamt für Kultur BAK.

Einge­bet­tet in die Hügel­land­schaft west­lich von Schaff­hau­sen liegt der Klett­gau, Schaff­hau­sens bedeu­tends­tes Wein­bau­ge­biet. Seine tonhal­ti­gen Kalk­bö­den, ein mildes Klima, wenig Nieder­schläge und viel Sonne bieten opti­male Bedin­gun­gen für den Anbau der Blau­bur­gun­der­traube. Male­ri­sche Orts­bil­der, ausge­dehnte Wein­berge, Rebhäus­chen und Trotten prägen noch heute das Erschei­nungs­bild dieser Kultur­land­schaft. 

Das Klima wird mass­geb­lich durch den nahen Schwarz­wald geprägt. Die beson­dere Topo­gra­fie mit den unter­schied­li­chen Boden­ty­pen und mikro­kli­ma­ti­schen Einflüs­sen ermög­licht seit dem Mittel­al­ter die Kulti­vie­rung der Rebpflanze. Die ersten Nach­rich­ten über den Weinbau im Kanton Schaff­hau­sen datie­ren aus der Mitte des 12. Jahr­hun­derts.

Mit dem Weinbau verbun­den ist eine Viel­zahl von Winzer­fes­ten. Zwischen Anfang Septem­ber und Anfang Oktober werden in den sechs grossen Wein­bau­ge­mein­den Hallau, Wilchin­gen-Oster­fin­gen, Siblin­gen, Löhn­in­gen, Gäch­lin­gen und Trasa­din­gen Herbst­feste gefei­ert, die zusam­men bis zu 50’000 Besu­che­rin­nen und Besu­cher in ihren Bann ziehen. 

UNESCO-Welt­kul­tur­erbe

Basler Fasnacht, Schwei­zer Grafik­de­sign, Hornus­sen – und die Schaff­hau­ser Wein­kul­tur: Sie alle gehören zur aktu­el­len «Liste der leben­di­gen Tradi­tio­nen in der Schweiz».

Der Weinbau von damals

Die Sendung «Land­wirt­schaft­li­che Rund­schau» befasste sich ab 1959 mit den Fort­schrit­ten und den Heraus­for­de­run­gen der Land­wirt­schaft. Im Novem­ber 1961 befasste sich die Sendung mit dem Weinbau. Stell­ver­tre­tend wurde die Herstel­lung der Volg-Weine vorge­stellt. Die hierfür verwen­de­ten Trauben wurden gröss­ten­teils im Schaff­hau­ser Klett­gau ange­baut. Es sind span­nende Einbli­cke in eine Zeit, in der das «Herbsch­ten» noch geprägt war von viel Hand­ar­beit. Aber schon damals gab es zur Stär­kung Herbst­schüb­lig, Bauern­brot und ein Schluck Wein oder Trau­ben­saft (für die jünge­ren Helfe­rin­nen und Helfer).

Wein in Zahlen

Schaff­hau­sen besitzt eine jahr­hun­der­te­alte Tradi­tion des Reb- und Wein­baus und ist nach Zürich der zweit­grösste Deutsch­schwei­zer Wein­bau­kan­ton. 

Schaffhauser Blauburgunderland.
Blauburgunderland. Online abgerufen am 14.12.2023.

Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen Fachstelle Rebbau (März 2023).
Bericht über den Weinbau in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau. Kanton Schaffhausen.

Statista (April 2023).
Rebfläche in der Schweiz nach Kantonen im Jahr 2022. Online abgerufen am 10.11.2023.

20

Weinbaugemeinden

19

Weinkellereien

500

Winzerinnen und Winzer

15 Mio.

Franken Traubenumsatz pro Jahr

Die Geheim­nisse des Schaff­hau­ser Weins

Das milde, trockene Klima und die kalk­rei­chen, nähr­stoff­rei­chen Böden schen­ken Schaff­hau­sen fruch­tige, würzige und elegante Blau­bur­gun­der.

Schaffhauser Blauburgunderland.
Blauburgunderland. Online abgerufen am 14.12.2023.

Mildes Klima …

Schaff­hau­sen ist die Heimat des Blau­bur­gun­ders – hier findet die Sorte opti­male Bedin­gun­gen vor. Diese liebt zum einen das gemäs­sigte, eher kühle Klima; nicht zu regne­risch, aber auch nicht zu trocken soll es sein. In Schaff­hau­sen findet sie exakt diese Bedin­gun­gen. Der nahe Schwarz­wald, der Randen und der Reiat spenden Wind- und Regen­schat­ten. Die jähr­li­che Nieder­schlags­menge beläuft sich auf ideale 800 bis 900 Milli­me­ter. Die Sonne beglei­tet das Wachs­tum mit freund­li­cher Gelas­sen­heit. Die Nebel­bil­dung ist gering, was im Herbst ein Vorteil bei der Ausrei­fung der Trauben ist.

… und Böden wie im Burgund

Der Blau­bur­gun­der gedeiht zum anderen beson­ders gut auf kalk­rei­chen, nicht zu schwe­ren, durch­läs­si­gen, nähr­stoff­rei­chen Böden. Dann bildet er die gehalt­vol­len, mine­ra­li­schen Weine mit verfüh­re­ri­scher Fruch­tig­keit aus. Die Rebberge von Schaff­hau­sen bieten in der Mehr­heit genau diese Voraus­set­zun­gen. Vor 50 000 Jahren mäan­derte der Rhein durch den Klett­gau, das bedeu­tendste Anbau­ge­biet des Kantons, und hinter­liess Kalke und Tone, die als Schot­ter liegen­blie­ben. Die Boden­ver­hält­nisse ähneln damit jenen des Burgunds, dessen Pinot Noirs das Mass der Dinge sind.

Die vier Regio­nen

Es werden vier Regio­nen unter­schie­den: Das Klett­gau ist mit 389 Hektar das grösste Wein­bau­ge­biet. Im Nord­os­ten stehen in Schaff­hau­sen und dem Reiat 28 Hektar. Die Gemein­den Buch­berg und Rüdlin­gen, die als Exklave von Deutsch­land und dem Kanton Zürich umgeben sind, verzeich­nen 33 Hektar, und in den steilen Rebla­gen in Stein am Rhein ist die Anbau­flä­che 32 Hektar gross.

Klett­gau

Die Hallauer Rebberge © Regionaler Naturpark Schaffhausen

Schaff­hau­sen & Reiat

Blick über die Rheinhalde bis nach Schaffhausen © Regionaler Naturpark Schaffhausen

Buch­berg / Rüdlin­gen

Kirche von Buchberg, hoch über dem Rhein und inmitten der Reben © Regionaler Naturpark Schaffhausen

Stein am Rhein

Stein am Rhein mit der Burg Hohenklingen © Schaffhauser Blauburgunderland

Schaff­hau­ser Weine in der Berg­trotte

Nirgends gibt es so viele Schaff­hau­ser Weine zum Verkos­ten wie in der Berg­trotte Oster­fin­gen. Über 70 Weine von rund 25 Winze­rin­nen und Winzer sind es an der Zahl. Entde­cken Sie die Fülle des Blau­bur­gun­der­lan­des!

Möchte man die unter­schied­li­chen Lagen, Trauben und Winzer des Blau­bur­gun­der­lan­des probie­ren und verglei­chen, so ist man in der Berg­trotte genau richtig.

Jeden Monat finden Sie eine neue Auswahl an Weiss- und Rotwei­nen im Offen­aus­schank aus dem Oeno­ma­ten.

Die Weine können aber nicht nur probiert, sondern auch direkt gekauft werden. Im Restau­rant ist ein Wein­shop inte­griert.

Das «Blau­bur­gun­der­land»

2002 wurde der Schaff­hau­ser Wein neu posi­tio­niert: Rebbau­ern, Wein­pro­du­zen­ten und der Bran­chen­ver­band «Schaff­hau­ser Wein» riefen das «Schaff­hau­ser Blau­bur­gun­der­land» ins Leben.

Grütter, D. (Juni 2018).
Lebendige Traditionen: Schaffhauser Weinkultur. Bundesamt für Kultur BAK.

Vereint als Schaff­hau­ser Blau­bur­gun­der­land tritt man gemein­sam auf, stärkt die Wein­marke Schaff­hau­sen und tauscht sich aus. Ziel ist es, die Quali­tät der Weine zu fördern und zu verbes­sern, den Schaff­hau­ser Wein neu und attrak­tiv zu posi­tio­nie­ren sowie die Region und die Wein­viel­falt einheit­lich zu vermark­ten. Dem «Schaff­hau­ser Blau­bur­gun­der­land» gehören 19 Kelle­rei­be­triebe, 19 grös­sere Wein-Selbst­ver­mark­ter sowie über 500 Winzer und Frei­zeit­win­zer an.

Doch wie kam es zum Name «Blau­bur­gun­der­land»? Nirgends in der Schweiz wird so viel Blau­bur­gun­der ange­pflanzt wie im Norden des Landes. Insge­samt beträgt der Anteil der Sorte an der Gesamtreb­flä­che dreis­sig Prozent – in Schaff­hau­sen sind es fast siebzig Prozent. Der Bran­chen­ver­band Schaff­hau­ser Wein hat deshalb treff­lich gehan­delt, als er 2002 die Rebberge des Kantons zum «Blau­bur­gun­der­land» prokla­mierte.

Die Winzerinnen und Winzer des Schaffhauser Blauburgunderlandes © Blauburgunderland

Weinbau in Oster­fin­gen

Wirt­schaft­li­che Bedeu­tung

Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen Fachstelle Rebbau (März 2023).
Bericht über den Weinbau in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau. Kanton Schaffhausen.

Regionaler Naturpark Schaffhausen; Denkmalpflege Kanton Schaffhausen (2. September 2021).
Unser Kulturerbe – Baukultur im Regionalen Naturpark Schaffhausen: Osterfingen. Online abgerufen am 23.01.2024.

Das Dorf Oster­fin­gen liegt in einem Seiten­tal des Schaff­hau­ser Klett­gau. Das Orts­bild ist geprägt durch seine typi­schen Schaff­hau­ser Bauern­gär­ten. Ab dem 14. Jahr­hun­dert entwi­ckelte sich Oster­fin­gen entlang des Haar­tel­bachs. Dieser wurde schritt­weise zuge­deckt; Oster­fin­gen wurde so zu einem rund 800 Meter langen Stras­sen­dorf, einge­bet­tet zwischen zwei beinahe unver­bau­ten Hängen.

Die Lage abseits einer Durch­gangs­strasse war in wirtschaftlicher
Hinsicht ein erheb­li­cher Nach­teil. Oster­fin­gen konnte im Mittel­al­ter sein Terri­to­rium nicht erwei­tern und musste ab Mitte des Jahr­hun­derts zahl­lose ärmere Fami­lien einem unge­wis­sen Schick­sal in Brasi­lien oder Nord­ame­rika über­las­sen. Während 130 Jahren wies Oster­fin­gen als einzige Schwei­zer Gemeinde bei jeder Volks­zäh­lung eine rück­läu­fige Einwoh­ner­zahl aus; bis 1980 ging diese zurück.

Doch ein Vorteil hatte das Dorf schon immer: Dank der wind­ge­schütz­ten Tallage und der ausla­den­den und steilen Hängen war das Gebiet präde­sti­niert für den Anbau von Wein. Gemein­sam mit dem Abbau von Eisen­erz auf dem Südran­den sicherte sich das Dorf ein beschei­de­nes Einkom­men. Für ein nennens­wer­tes Wachs­tum war der Platz jedoch zu knapp bemes­sen.

Ansicht des Dorf Osterfingen um 1992 – gut sichtbar sind die Rebhänge, die das Dorf umgeben. Über dem Dorf, auf der linken Bildseite, ist die Bergtrotte gut zu erkennen. © ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Swissair Photo AG

Der 1584 – ein spezi­el­ler Wein aus Oster­fin­gen

Das ist das Baujahr der Berg­trotte, und so heisst auch der trot­ten­ei­gene Wein. Er läuft zwar nicht von der histo­ri­schen Presse, welche heute promi­nent im Trot­ten­hof steht, doch ist er wie die Berg­trotte ein Oster­fin­ger Origi­nal.

Vier Winzer aus dem Ort – das Weingut Linden­hof, die Wein­kel­le­rei zum Hirschen, die Wein­gü­ter Stoll und Bad Oster­fin­gen – keltern zusam­men diese Cuvée. Die Rebsorte: Blau­bur­gun­der, auch Pinot Noir genannt; schliess­lich liegt Oster­fin­gen im Schaff­hau­ser Blau­bur­gun­der­land. Einen Tropfen mit Charme und Charak­ter, passend zu den regio­na­len Spezia­li­tä­ten, welcher zum Teilen anregt und Wein­ken­nern wie Einstei­gern schmeckt. Und genau so ist er gewor­den: unge­mein duftig, mit dem pinot-typi­schen Kirsch- und Erdbeer­aroma, am Gaumen weich und füllig, mit einem Hauch Rest­süsse, ausba­lan­ciert von einer elegan­ten Herbe.

Zu haben ist er flaschen- und glas­weise im Restau­rant der Berg­trotte, in der Vino­thek der Berg­trotte sowie bei den betei­lig­ten Winzern.

Rebla­gen

Weine aus Oster­fin­gen

Der Rebbau besitzt für Oster­fin­gen nach wie vor eine grosse Bedeu­tung. Insge­samt fünf Wein­kel­le­reien gibt es in Oster­fin­gen. Beein­dru­ckend, wenn man sich die Grösse von Oster­fin­gen vorstellt – denn der Orts­teil der Gemein­den Wilchin­gen zählt nur 370 Einwoh­ne­rin­nen und Einwoh­ner!

Die modern ausge­rüs­tete Wein­gü­ter tragen mit ihren Produk­ten den Namen der Gemeinde über die Kantons­gren­zen hinaus.

Weingut Stoll

Dorf­strasse 28
8218 Oster­fin­gen

Wein­kel­le­rei zum Hirschen

Dorf­strasse 52
8218 Oster­fin­gen

Weingut Linden­hof

Dorf­strasse 19
8218 Oster­fin­gen

Deuber Weine

Dorf­strasse 54
8218 Oster­fin­gen

Bad Oster­fin­gen

Zoll­strasse 17
8218 Oster­fin­gen

Die Rebbau­ge­nos­sen­schaft Oster­fin­gen

Die Rebbau­ge­nos­sen­schaft Oster­fin­gen nimmt eine wich­tige Rolle im Dorf ein. Einer­seits ist sie mit knapp 40 Mitglie­dern einer der gröss­ten Vereine im Dorf, ande­rer­seits ist der Austausch auch noch heute unab­ding­bar, um hoch­ste­hen­den Wein produ­zie­ren zu können.

Stoll, Jakob (25. Januar 2024).
Interview Jakob «Vino» Stoll.

Grün­dung

Die Rebbau­ge­nos­sen­schaft Oster­fin­gen entstand nach der Rebberg­zu­sam­men­le­gung im Jahr 1932. Die Melio­ra­tion Flüe-Vorder­berg diente als Vorbild für weitere Zusam­men­le­gun­gen im gesam­ten Kanton und der Deutsch­schweiz. Ziel war es, durch eine gerechte Vertei­lung der Böden die Basis für einen wirt­schaft­li­chen Rebbau zu ermög­li­chen. Durch Erbtei­lun­gen wurden die Böden so klein­tei­lig, dass kein Verdienst mehr für einzelne Perso­nen und Fami­lien möglich war. Darun­ter litt das gesamte Dorf, nicht selten waren Fami­lien gezwun­gen, gar auszu­wan­dern.

Aufga­ben

Die Rebbau­ge­nos­sen­schaft Oster­fin­gen sorgt sich für eine stetige Weiter­bil­dung ihrer Mitglie­der, ermög­licht den Austausch mit anderen Fach­stel­len und dem Kanton und koor­di­niert wich­tige Mass­nah­men im Rebberg wie die Schäd­lings­be­kämp­fung.

Weiter sorgt sie sich für die Vermark­tung der eigenen Weine. Sie orga­ni­siert etwa die jähr­li­chen Messe­auf­tritte, tradi­tio­nell sind die Oster­fin­ger Weine an der Glarner Messe vertre­ten. Mit einem Stand, aber auch in der Fest­wirt­schaft.

Hüterin der Berg­trotte

1962 kaufte die Rebbau­ge­nos­sen­schaft die Berg­trotte von Erwin Stoll ab. Anschlies­send folgten aufwen­dige Sanie­rungs- und Instand­hal­tungs­ar­bei­ten. Jahr für Jahr wurden in dieser Anlässe wie das Trot­ten­fest oderdie Wiiprob veran­stal­tet. Aber auch als Miet­ob­jekt war die Berg­trotte beliebt – sei es für private Hoch­zei­ten, Veran­stal­tun­gen oder TV-Aufzeich­nun­gen. Dies brachte einiges an Admi­nis­tra­ti­ons­auf­wand mit sich, welche die Rebbau­ge­nos­sen­schaft in Fron­ar­beits­stun­den erle­digte. Bis 2011, als die Berg­trotte an die Stif­tung verkauft wurde.


Der Trott­zwang

Die Herstel­lung von Wein war einst stark von der Obrig­keit kontrol­liert – und liess sich diese fürst­lich bezah­len. In den Schaff­hau­ser Nach­rich­ten beschrieb 1984 Kurt Bäch­told, Jour­na­list bei den Schaff­hau­ser Nach­rich­ten und Präsi­dent des Histo­ri­schen Vereins sowie Leiter der Stadt­bi­blio­thek Schaff­hau­sen, den soge­nann­ten «Trott­zwang».

Bächtold, Kurt (21. Juli 1984).
Vierhundert Jahre Bergtrotte Osterfingen. Schaffhauser Nachrichten.

«Als 1411 die Hand­wer­ker und Zunft­her­ren ans Ruder kamen, begrif­fen sie voll­stän­dig die Bedeu­tung des Wein­baus. Während Jahr­hun­der­ten war der Wein Schaff­hau­sens Haupt­ex­port­pro­dukt und spielte in der Ökono­mie der kleinen Repu­blik eine hervor­ra­gende Rolle. Entspre­chende Insti­tu­tio­nen wurden ins Leben gerufen. Seit der Mitte des 15. Jahr­hun­derts zogen die Wein­s­in­ner von Keller zu Keller und prüften die Weine auf ihren Zustand und die Gefässe auf ihre Sauber­keit. Die Eichung wurde obrig­keit­lich regle­men­tiert. Es entstand das Amt der Rebschauer, die zu Stadt und Land die Arbei­ten in den Rebber­gen und die Wein­lese kontrol­lier­ten. Die heuti­gen Kontrol­len sind nichts Neues, sondern eine Rück­kehr zu alten Gebräu­chen nach einer für den Weinbau nicht vorteil­haf­ten Epoche des libe­ra­len Laissez aller, laissez faire!

Im Jahre 1563 entschloss sich die Regie­rung zu einem weite­ren Schritt. Sie erliess ein Regle­ment für die Trott­knechte und verfügte, dass diese im ganzen Schaff­hau­ser Herr­schafts­ge­biet einen jähr­li­chen Eid zu schwö­ren hätten. Sie wurden staat­li­che Beamte und mussten geloben, vor allem das Wässern des Weines und das Fälschen mit Holun­der­bee­ren und andere Prak­ti­ken zu verhin­dern. In den Trotten wurden nicht nur Trauben gepresst und Geräte für den Rebbau versorgt, sie dienten auch zu gesell­schaft­li­chen Zwecken, für Fest­lich­kei­ten und Trink­ge­lage. Darum der Befehl an die Trott­knechte, in den Trotten keine Zeche­reien zuzu­las­sen und Frauen den Zutritt zu verweh­ren. Die Vorschrif­ten gingen bis zum Verbot, Unschlitt, Wachs und Schmär, die zur Beleuch­tung dienten, zu verschwen­den oder mit nach Hause zu nehmen.

Als das Dorf Oster­fin­gen an die Stadt Schaff­hau­sen über­ging, war die Berg­trotte baufäl­lig gewor­den. Ihr Neubau fällt in eine Zeit der Ausdeh­nung des Rebare­als, das nörd­lich der Alpen um 1600 seine grösste Ausdeh­nung erreichte. Wenn wir in den Rats­pro­to­kol­len des Jahres 1584 nach­blät­tern, stossen wir recht häufig auf den Befehl an die beiden Holz­her­ren, Anton Speis­seg­ger und Ludwig Buggi, Holz aus den städ­ti­schen Waldun­gen für Trot­ten­bau­ten oder Erwei­te­run­gen bereit­zu­stel­len. Es waren in der Regel massive Stän­der­bau­ten mit Block­fül­lung, seit dem 17. Jahr­hun­dert Fach­werk- oder Riegel­bau­ten.

Für Oster­fin­gen finden wir im Rats­pro­to­koll einen aufschluss­rei­chen Eintrag unter dem 30. März 1584. An diesem Tag gab der Kleine Rat dem Säkkel­meis­ter Jakob Hüner­wa­del und dem Statt­hal­ter Hans Jakob Ziegler den Auftrag, die Trotte des Hans Stoll «zu myner Herren Händen zu ziehen» und mit der sich bereits in städ­ti­schem Besitz befind­li­chen Berg­trotte zu verei­nen. «Und solle fürohin von niemand mehr kain Trotte zu Oster­fin­gen gebuwen werden», es sei denn mit Bewil­li­gung der Obrig­keit. Sinn und Absicht dieses Rats­be­schlus­ses sind klar. So wie heute die Eidge­nös­si­sche Alko­hol­ver­wal­tung private Brenn­hä­fen aufkauft und um der Kontrolle willen ein Staats­mo­no­pol bean­sprucht, suchte der Schaff­hau­ser Kleine Rat alle Trotten in seine Hand zu bringen. Für Trot­ten­bau­ten bedurfte es einer Konzes­sion.

Ihr Ziel, sämt­li­che Trotten in ihre Hand zu bekom­men, hat die Schaff­hau­ser Obrig­keit auch in Oster­fin­gen nicht erreicht, sei es, weil die Unter­ta­nen die uner­wünschte Mono­po­li­sie­rung zu verhin­dern wussten, sei es, weil zu Zeiten das Geld dazu fehlte. Wir erfah­ren aus den Akten, dass die Regie­rung im Jahre 1739 die Trotte des Kaspar Stoll vergeb­lich zu kaufen versuchte. Aus dem Jahr 1755 liegt ein Schrei­ben des Land­vogts von Neun­kirch vor, das den Kleinen Rat auf die güns­tige Gele­gen­heit zum Erwerb der Stokar-Trotte aufmerk­sam machte, weil der Eigen­tü­mer in Schul­den geraten sei. Auch den voll­stän­di­gen Trott­zwang vermoch­ten die gnädi­gen Herren nicht durch­zu­set­zen. Fast jeden Herbst ging ein Mandat nach Oster­fin­gen und in die anderen Wein­bau­ge­mein­den mit dem Verbot, die Trauben in Privat­häu­ser zu bringen und dort selber zu pressen, was dem Fälschen und Färben Vorschub leiste. Auch der Trott­knecht musste 1679 ernst­haft ermahnt werden, seine Pflich­ten besser zu erfül­len, seine Frau und die Verwand­ten nicht in die Trotte zu lassen und keinen Wein für sich auf die Seite zu tun.

Selbst an der alten Trotte im Oster­fin­ger Rebberg gingen die tief­grei­fen­den Umwäl­zun­gen im Zeit­al­ter der Fran­zö­si­schen Revo­lu­tion nicht ohne Spuren vorüber. Mit anderen Privi­le­gien der Stadt fiel auch der Trott­zwang dahin. Wie die Land­vog­tei­schiös­ser gingen Mühlen, Trotten, Walken, Hanfrei­ben und andere Insti­tu­tio­nen in private Hände über. In den Besit­zes­ver­hält­nis­sen an unserer Berg­trotte trat eine kaum über­blick­bare Zersplit­te­rung ein, da zahl­rei­che Dorf­bür­ger ihren Anteil erwar­ben. Mit der Reduk­tion des Schaff­hau­ser Rebare­als durch Reblaus­schä­den, den Import billi­ger Fremd­weine und voll­ends nach dem Aufkom­men moder­ner Press­ver­fah­ren wurden die meisten Trotten aufge­ge­ben, ihrem Zweck entfrem­det, dem Zerfall über­las­sen und abge­ris­sen. Es mutete wie ein Wunder an, dass die Oster­fin­ger Berg­trotte, deren Unter­halt doch immer wieder enorme Summen erfor­derte, erhal­ten blieb.»